DIE POSAUNE
Der Nutzen - und die Genialität - der Kammertorhäuser
In der Antike waren die Stadttore Dreh- und Angelpunkte der Aktivitäten. Hier fanden oft Versammlungen statt, hier sprachen die Herrscher zu den Einwohnern, hier gingen Reisende ein und aus, hier verkauften die Händler ihre Waren und die Handwerker gingen ihrem Handwerk nach.
Im zweiten Jahrtausend v. Chr. hatten die Tore in den Städten des Nahen Ostens in der Regel vier Kammern. Die „salomonischen“ Tore mit sechs Kammern, die noch größer sind, wurden im 10. Jahrhundert vor Christus bekannt.
Die parallelen Kammern, die sich auf beiden Seiten der Tordurchfahrt befanden, wurden für verschiedene Zwecke genutzt, darunter Versammlungsräume und Lagerräume für Lebensmittel, Wasser und andere Güter.
Stadttore sind in den biblischen Aufzeichnungen häufig zu finden. In 1. Mose 23 wird berichtet, dass Abraham „am Tor“ von Hebron Land kaufte. Lot saß „im Tor von Sodom“, als er den Engeln begegnete, die ihm die Zerstörung der Stadt ankündigten (1. Mose 19). Die Formalitäten für die Heirat von Boas mit Rut wurden „im Tor“ ausgehandelt (Rut 4). Es war ein Ort, an dem diejenigen, die des Totschlags schuldig waren, angewiesen wurden, für ihren Fall zu plädieren (Josua 20). Saul begegnete Samuel zum ersten Mal „im Tor“ einer Stadt im Land Zuph (1. Samuel 9). Joab nahm seinen Rivalen, den Feldherrn Abner, im „Tor [beiseite], um heimlich mit ihm zu reden“ – und ermordete ihn dann in einer der Kammern (2. Samuel 3, 27). In einem Tor wurde David nach der Niederschlagung von Absaloms Rebellion als König wieder eingesetzt (2. Samuel 19). In Sprüche 31, der berühmten Passage, die im Allgemeinen Salomos Mutter Bathseba zugeschrieben wird, heißt es, dass ein ehrbarer Mann „in den Toren“ bekannt ist (Vers 23). Der Prophet Jeremia wurde im „Benjamintor“ verhaftet (Jeremia 37) – demselben Tor, in dem auch König Zedekia saß (Jeremia 38). Es ließen sich noch viele weitere Beispiele anführen.
Ein Mehrkammertor erfüllte nicht nur praktische Funktionen im Alltag, sondern war auch für die Verteidigung einer Stadt von großer Bedeutung. Der schwächste Punkt jeder Festung ist das Tor. Im Falle einer Belagerung konnten die Räume eines Mehrkammertors mit Schutt aufgefüllt werden, wodurch das Tor zu einer soliden Fortsetzung der Stadtmauer wurde (und zwar des dicksten Teils der Mauer).
In einigen Fällen befanden sich die Torhäuser über einem steilen Abhang mit einem rechtwinkligen Eingang. Dies war sowohl in Megiddo als auch in Jerusalem der Fall. In Jerusalem wurde ein markanter Wachturm (bekannt als Warren’s Tower [Warrens Turm] oder der „Große Turm“) direkt vor dem Torhaus errichtet. Dadurch wurde verhindert, dass eine Invasionsarmee ihre Truppen direkt am Eingang des Tores versammeln konnte. Um in die Stadt einzudringen, mussten sich die feindlichen Soldaten zunächst über einen schmalen, parallel zur Stadtmauer verlaufenden Weg dem Tor nähern, wo sie den Angriffen der auf der Stadtmauer stehenden Soldaten schutzlos ausgeliefert waren.