TRUMPET/MELISSA BARREIRO
Die Bowle wegnehmen
Am 28. Oktober verkündete die US-Notenbank, es werde Zeit, die Freigeld-Party zu beenden. Durch den sprunghaften Anstieg der Aktien- und Anleihemärkte auf Rekordhöhen und die angeblich schwunghafte und robuste Erholung der Konjunktur, begann die Fed mit der Bowle fortzulaufen. Aber war diese Party von Anfang an ein gutes Konzept? Das Freigeld-Vergnügen hat die Konjunktur für einen riesigen Kater vorbereitet – und vielleicht für ökonomische Erschütterungen.
Das letzte Wort über monetäre Lockerung wird auf Historiker warten müssen“, schrieb Ambrose Evans-Pritchard im Telegraph am 29. Oktober. … das Experiment war ein Bombenerfolg … [aber] diese monetäre Lockerung verseuchte den Rest der Welt auf komplizierte Weise und könnte langfristig eine noch größere Krise schaffen.“
Die Entscheidung der Fed, Geld wie Konfetti zu drucken, wird von vielen als Erfolg gesehen. Zum Beispiel: Im Jahr 2008 saß das globale System auf einer finanziellen Zeitbombe. Nach Ansicht der New York Post, war der Finanzmarkt 500 Handelsakte von Armageddon entfernt.“ An jenem Tag produzierte die Fed $ 105 Milliarden aus dem Nichts, um sie in das System zu pumpen und die Massen von einem
Amoklauf abzuhalten.
Die Wall Street existiert also noch – das ist ein feierliches Signal einer Party-Posaune für monetäre Lockerung. Und die offizielle Arbeitslosigkeit ist ein weiterer Stoß in das Horn: Sie ist wieder auf 5.9 Prozent gesunken.
Aber der Preis war das ansehnlichste Konjunkturpaket in der US-Geschichte. An die Inflationsrate angepasst, ist es fast so viel, wie die Nation für den Zweiten Weltkrieg ausgegeben hat.
Die Fed druckte Falschgeld im Wert von $ 3,5 Billionen, um die den Banken eingeräumten Kredite in der Bowle herum schwappen und die Großbanken im Quickstepp zur Musik tanzen zu lassen. Das ist Geld, das zurückbezahlt werden muss – und mit Zinsen. Aber war es gut angelegtes Geld?
$ 3.500.000.000.000
Nun, für so viel Geld hätte die Regierung die Bankenrettung vernachlässigen können und stattdessen jede einzelne, börsennotierte Bank in Amerika kaufen können: Goldman Sachs, JPMorgan Chase, Citigroup, Bank of America, BancFirst, Wells Fargo, SunTrust, BB&T, American Express – und Dutzende mehr. Dadurch hätte sie dann die eingesparten Hunderte von Milliarden für das größte Straßenfest der Welt ausgeben können.
Nicht, dass es für Washington gut wäre, das Wall Street-Verbindungshaus offiziell zu unterstützen, aber für so viel Bargeld hätte es den Standort besitzen können. Oder es hätte jede Goldmine in der Welt besitzen können. Oder (gestützt auf Kipplinger’s Einschätzung) es hätte 146.997.060 neue PKWs kaufen können; 19.673.974 neue Wohnungen; oder 490.000.000.000 Arbeitsstunden. Oder selbst mit einem einjährigen Einlagenzertifikat hätten $ 3,5 Billionen bei einer Verzinsung von 1,29 %, $ 5 Milliarden erzielen können.
Aber es brachte vorübergehende Erleichterung für einige von unseren äußerst fehlerhaften Banken und unsere höchst mangelhafte Wirtschaft.
Die Investition dieses ungedeckten Geldes in die Party, dämpfte die unmittelbaren wirtschaftlichen Kopfschmerzen. Jeder zusätzliche Drink ließ die Freude der Zecher etwas länger währen und hielt sie beschäftigt, so dass sie den Gastgeber nicht lauthals beschimpften. Aber es trug nichts dazu bei, dass sie sich am nächsten Morgen besser fühlten. In der Tat, es machte es noch schlimmer.
Und wenn die Zeit kommt, sie von der Bowle zu trennen, dann rufen Sie besser einen Rausschmeißer.
Doch die Fed ging einen Schritt weiter und fügte der Bowle etwa ein Fass monetäre Lockerung hinzu. Diesem Schritt wird zugeschrieben, dass er die heutigen Lebensgeister anfeuere. Aber es stellt sich immer deutlicher heraus, dass dadurch grundsätzlich nichts repariert wurde. Bestenfalls verzögerte es den Tag der Abrechnung. Schlimmstenfalls könnte es die Konjunktur für ein saures Aufstoßen vorbereitet haben – oder ein durch Intoxikation ausgelöstes Koma.
Die Zahl der verlorenen Arbeitsplätze während der letzten großen Finanzkrise gegen Ende 2008 war eine der schlimmsten Auswirkungen. Zwischen 2007 und 2009 verlor die Wirtschaft 8,7 Millionen Arbeitsplätze. Es dauerte bis Juni 2014, mehr als fünf Jahre, bis die Wirtschaft letztendlich die Arbeitsplätze zurückgewinnen konnte, die sie verloren hatte. Es war der langsamste Aufschwung seit der Großen Depression. Sogar heute noch, nach einer Anpassung für das Bevölkerungswachstum, fehlen Amerika immer noch mehr als 6 Millionen Arbeitsplätze.
Und die wiedergewonnenen Arbeitsplätze waren nicht so gut, wie jene, die verloren gingen. Gutbezahlte Arbeitsplätze im Produktions- und Bankensektor wurden durch schlechtbezahlte Positionen in Restaurants, Hotels und bei Zeitarbeitsfirmen ersetzt, die jetzt einen höheren Anteil an der gesamten Belegschaft ausmachen.
Während die Regierung ungezügelt Fördergelder austeilte, fiel es den Steuerzahlern immer schwerer, sie zurückzuzahlen. Laut letztem Bericht der US-Statistikbehörde ist das mittlere Haushaltseinkommen auf $ 51.939 gesunken – ungefähr auf den Stand des Jahres 1989. Das ist sogar weniger als die $ 55.489, die eine Durchschnittsfamilie im Jahr 2009 verdiente, während der tiefsten Wirtschaftskrise.
Kein Wunder, wenn Meinungsumfragen zeigen, dass der typische Amerikaner immer noch glaubt, die Konjunktur sei ziemlich schlecht. Das ist, weil es tatsächlich so ist.
Stimmt, im Gegensatz zu den 1930er Jahren sehen wir keine Menschen, die von Häuserblock zu Häuserblock in Schlange stehen, um etwas zu Essen zu bekommen. Stattdessen bekommen die Menschen ihre Zuteilung von der Regierung auf eine bequemere Art. Heute bekommen 46 Millionen Amerikaner Lebensmittelgutscheine – einer von fünf Haushalten. In manchen Städten ist es einer von drei Menschen. Bis Ende 2013 bekamen nahezu 50 Prozent der Bevölkerung zumindest irgendeine Form von staatlicher Unterstützung. Amerikas viel gerühmte Marktwirtschaft ist nicht mehr so frei – oder so berühmt.
Vielleicht haben wir das Horn zu früh geblasen.
Folgen Sie dem Geld
Wenn also die Hauptstraße keine Freude an der Feier hatte, wer dann? Sicherlich hatte irgendjemand die Party seines Lebens mit den $ 3,5 Billionen der Regierung.
Wie es sich zeigt, haben all die Fed-Dollars tatsächlich ein Fest erleuchtet – und dazu ein großes. Bloß Sie waren nicht eingeladen.
Seit der Wirtschaftskrise von 2009 und dem Beginn des Gelddruckens der Fed, haben die Märkte sich in einem Aufwind befunden. Der Dow Jones kletterte Ende Oktober von unter 10.000 Punkten auf ein Rekordhoch von 17.390 Punkten. Anleihemarkt-Investoren singen das Playback der US-TV Serie Happy Days.“ Die Niedrigzinspolitik der US-Notenbank ließ die Zinssätze auf ein historisches Tief sinken und Anleihekurse auf Rekordhöhen steigen. In vielen großen Küstenstädten erreichen sogar McMansion-Preise (McMansion: das sind pompöse, unangemessen große Häuser in Vororten) wieder ein neues Hoch.
Leider bedeuten die rasch ansteigenden Märkte für die meisten Menschen nicht viel. Achtzig Prozent der Finanzanlagen wie Aktien, Wertpapiere und Immobilienfonds sind im Besitz der führenden 10 Prozent der wohlhabendsten Haushalte. Die meisten Menschen nur wenige Aktien und Wertpapiere.
Wir sehen also, dass nach der gutgemeinten Intervention der Regierung, die Reichen reicher geworden sind. Aber wenn Sie zu den 90 Prozent zählen, dann hat all die Gelddruckerei Sie draußen im Regen stehen lassen und Sie können nur zuschauen.
Und bald wird sie Ihnen die Rechnung für die Party präsentieren.
Die Zeit nach dem Aufschwung der Finanzmärkte im Jahr 2009, hat die Zunahme der Geldmenge, die durch die monetäre Lockerung der US-Notenbank ausgelöst wurde, genau verfolgt. Nachdem die Fed im Jahr 2008 mit der Geldschöpfung aus dem Nichts begann, verwendete sie einen großen Teil davon, um US-Staatsanleihen von den großen Banken an der Wall Street aufzukaufen. Das trieb die Treasury-Preise in die Höhe, die Zinsraten nach unten, und spülte mehr Geld in die Taschen der Banken. Dann nahmen die Banken dieses Geld und suchten nach anderen Bereichen, wo sie es investieren konnten.
Da die Zinssätze durch die massiven Ankäufe der US-Notenbank nach unten manipuliert wurden, sahen die Banken sich anderswo um, um Renditen für ihr Geld zu bekommen – deshalb pumpten sie Geld in die Aktienbörse. Die künstlich niedrigen Zinssätze zwangen auch Investoren und Rentenfonds, ein höheres Risiko einzugehen, weil auch sie zur Börse und zu Immobilienmärkten gedrängt wurden, um Renditen für ihre Investitionen zu bekommen. Die Hedge-Fonds und Staatsfonds aus der ganzen Welt sahen was passierte. Da sie keine Gelegenheit verpassen wollten, die Marktintervention der Notenbank auszunutzen, schlossen auch sie sich der Niedrigzins, Geld-ist-Konfetti Party an.
Die künstlich manipulierten Niedrigzinssätze hatten eine andere, sogar noch gefährlichere Nebenwirkung. Sie ermutigten Leute, enorme Geldsummen zu leihen. Banken zum Beispiel, durften Geld von der US-Notenbank zu beinahe null Prozent leihen. Dann nahmen sie dieses Geld und verliehen es an Konsumenten in Form von Hypotheken zu 4 und 5 Prozent. Niedrige Zinssätze ermöglichten es den Banken, Geld auch an Investoren zu verleihen, die die zinsgünstigen Darlehen begierig aufschnappten, um sie in Aktien- und Immobilienmärkten sowohl im eigenen Land als auch rund um die Welt zu investieren. Im März 2014 übertrafen die Margin Debts (Aktienankäufe auf Kredit) die Rekordhöhen, die im Jahr 2007 erreicht wurden.
Perverser Weise, vielleicht krimineller Weise, durften auch die Banken (und fast alle taten es) Geld zu beinahe null Prozent von der US-Notenbank, einer quasi-staatlichen Institution, leihen, und es sofort wieder an die Bundesregierung mit einem Zinssatz von 2 bis 5 Prozent verleihen. Mehr freies Geld für die Wall Street mit freundlicher Genehmigung der US-Notenbank. Dadurch wurden die Verzerrungen am Markt noch mehr verfälscht.
Für die Eingeweihten und für jene, die es sich leisten können, waren diese letzten fünf Jahre die Finanz-Party ihres Lebens. Aber was wird jetzt geschehen, wo die US-Notenbank ihre Bowle weggenommen hat? Ist die Party vorbei?
Früher oder später, ja.
Die US-Notenbank wird wohl kein freies Geld mehr aushändigen, aber sie lässt die Tanzkapelle vorläufig noch spielen um die Partygäste bei Laune zu halten. Wenn Sie einer der Vornehmsten an der Wall Street sind, gibt Ihnen Uncle Sam mit dem rot-weiß gestreiften Partyhut nach wie vor ein neunstelliges Darlehen zu beinahe null Prozent. Obwohl es weit über die Zeit ihrer Bettruhe ist, könnten die Märkte noch etwas länger auf Hochtouren laufen.
Andererseits gibt es viele kränklich aussehende Leute, die offensichtlich viel zu viel getrunken und getanzt haben.
Bret Arends von MarketWatch stellt die Frage: Was haben die folgenden Jahre gemeinsam: 1853, 1906, 1929, 1969, 1999? … Dies waren die Höhepunkte der fünf massiven Generations-Blasen des Aktienmarktes in der US-Geschichte.
Nun sind wir wieder da angekommen“ (18. Juli, 2014).
Laut der von Arends zitierten Statistiken, könnte der Aktienmarkt auf dem derzeitigen Stand um 80 Prozent überbewertet sein im Vergleich zu dem, wo er ohne die Intervention der US-Notenbank stehen würde. Könnte sich ein Generationsbörsencrash abzeichnen?
Wir haben diese harte Wirklichkeit noch nicht zuschlagen gesehen. Die Trommeln lärmen immer noch, die Saxophone glänzen, und die betrunkenen Partygäste sind auf die Tische geklettert. Die Fed hat die Party geschmissen. Sie hat die Musikkapelle angeheuert. Sie hat die Gäste eingeladen. Sie hat die Bowle mit Alkohol gewürzt. Aber jetzt ist das Fass leer und die Party gerät außer Kontrolle. Sie hofft, jetzt davonlaufen zu können ohne dass es zu einer Prügelei kommt.
Die Partygäste sind mehr als nur ein wenig angeheitert und die Chancen, um das höflich zu beenden, sind ungefähr so gut wie die Dame mit dem Lampenschirm auf dem Kopf, die monetäre Lockerung“ sagt, ohne dabei zu lallen.
Wenn die Wirklichkeit diese Party trifft, dann wird von diesem Haus nichts mehr übrig sein. ▪