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Die deutschen Streitkräfte schlucken weiter ihre Nachbarn
Eine tschechische und eine rumänische Brigade werden in die Divisionen der deutschen Streitkräfte integriert. Diese Vereinbarung soll morgen bei einem Treffen der NATO-Außenminister unterzeichnet werden. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), die den Artikel am zweiten Februar veröffentlichte, schrieb: „Die Bundeswehr ist dabei, sich zur führenden NATO-Streitkraft Europas zu entwickeln.“
Das ist das dramatischste Abkommen von einer Reihe von Vereinbarungen, die Deutschland aushandelt, um die Zusammenarbeit mit anderen Ländern zu intensivieren. Der EU Observer fasste den Bericht der FAZ zusammen und notiert: „Durch diese Strategie, bei der kleinere Länder ihre Streitkräfte deutschen Kommandostrukturen unterstellen, wird die Bundeswehr langfristig zur führenden NATO-Streitkraft in Europa.“
Mittlerweile haben die Niederländer im vergangenen Jahr zwei Drittel ihrer Heeresverbände deutschen Divisionskommandos unterstellt.
FAZ zur #Bundeswehr als Ankerarmee: https://t.co/xjatoHs3PS Siehe @CSS_Zurich-Schaubild zur dt.-niederländischen Integration. #MSCreport pic.twitter.com/grrrd8ufQk
— Security Conference (@MunSecConf) 10 February 2017
Die FAZ schrieb: „Es stärkt damit erstens die eigene militärische Schlagkraft und setzt zweitens auf diese Weise praktische Wegmarken für das Ziel europäischer Streitkräfte.“
Die deutsch-niederländische Verschränkung setzt sich mittlerweile in anderen Teilstreitkräften fort; sie bietet das engste und vielfältigste Beispiel, wie weit die militärische Kooperation zweier NATO-Staaten gehen kann“ (ebd.). Vergangenes Jahr erklärte die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ihr Ziel, eine „multinationale Panzerdivision“ durch die Integration von Soldaten anderer Länder in die deutschen Streitkräfte zu schaffen.
Die Welt erklärte: Das sollte eine Einheit von bis zu 20.000 aktiven Soldaten schaffen, die bis 2021 einsatzbereit sein könnte – der Kern der europäischen Streitkräfte” (17. März).
Frau von der Leyen unternimmt nun weitere praktische Schritte in diese Richtung. Die vierte tschechische Bereitschaftsbrigade wird in die zehnte deutsche Panzerdivision integriert und die 81. rumänische Panzerbrigade wird der deutschen Division der schnellen Eingreiftruppen zugeteilt.
Das sind nicht bloß Vorzeigetruppen. Die tschechische Republik ist dabei, eine ihrer zwei Brigaden von Kampftruppen in die deutschen Streitkräfte zu integrieren (das schließt die Kampfunterstützungstruppen wie zum Beispiel das 13. Artillerieregiment nicht mit ein).
Am 13. Februar berichtete Reuters, dass Quellen im Verteidigungsministerium, deren Namen nicht genannt werden, verlauten lassen, dass Deutschland auch den Plan hegt, zusammen mit Frankreich eine gemeinsame Flotte von Transportflugzeugen ins Leben zu rufen und sich an einer Flotte von Tankerflugzeugen mit den Niederlanden zu beteiligen.
Auf den ersten Blick erscheinen diese Pläne nicht sehr beeindruckend zu sein. Die deutsch-französische Flotte würde mit nur zehn Flugzeugen starten. Die Vereinigten Staaten betreiben über 5.000 solcher Flugzeuge. In Europa gibt es jedoch so wenige davon, dass sogar schon zusätzliche zehn Maschinen einen großen Unterschied machen. Dieser Schritt ist auch ein Machbarkeitsnachweis. Sollte er Erfolg haben, so wird er die Basis für mehr und mehr hinzukommende Flugzeuge bilden. Da Großbritannien im Begriff ist auszutreten, werden nun Frankreich und Deutschland die beiden größten Militärmächte der europäischen Union sein. Wenn sie unter Beweis stellen können, dass sie in der Lage sind, ihre Ressourcen gemeinsam zu nutzen und zusammenzuarbeiten, dann existiert ein erhebliches Potenzial für ein Zusammenwirken.
Deutschland wird auch eine Absichtserklärung unterschreiben, sich einer multinationalen Flotte von Tank- und Transportmehrzweckflugzeugen unter der Leitung der Niederlande anzuschließen. Diese Gruppe schließt auch Luxemburg mit ein; Belgien und Norwegen könnten sich vielleicht auch noch anschließen. In Deutschland ließ man verlauten, man könne bis zu einer Milliarde Euro für Flugzeuge ausgeben, die in den Niederlanden und in Deutschland stationiert würden.
Deutschland wird auch enger mit Norwegen zusammenarbeiten. Geplant ist, gemeinsam Unterseeboote, Raketen und Flugkörper anzuschaffen.
Deutschland macht keinen Hehl daraus, dass es mit diesen Abmachungen den Aufbau von europäischen Streitkräften anstrebt. Man ist dabei, ein Netz militärischer Zusammenarbeit zu knüpfen – mit Deutschland als Zentrum. 2013 kam der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maiziére zu dem Schluss, dass es einfach unmöglich sei, die europäischen Streitkräfte mit einem Schlag aufzustellen. Stattdessen strebte er eine engere Zusammenarbeit der einzelnen Länder an, um zunächst einmal schrittweise den Kern einer europäischen Armee durch bilaterale Kooperation zu schaffen.
„Wenn Deutschland unter Beweis stellen kann, das seine Integration mit den Niederlanden und mit Polen funktioniert – und auf diese Weise könnten sie viel Geld sparen – dann werden andere Länder ebenfalls beitreten wollen. Wenn Berlin noch weitere Länder auf seine Seite ziehen kann, dann wird dieses Projekt an Bedeutung gewinnen“, schrieben wir seiner Zeit. „Das Ergebnis wären Streitkräfte der europäischen Union oder aber eine eng koordinierte Gruppe von Streitkräften zentralisiert in Deutschland.“
US-Präsident Donald Trump besteht darauf, dass Europa selbst die Bürde, die Kosten und die Verantwortung für seine eigene Verteidigung tragen muss, und das spornt die Europäer noch mehr dazu an. Von der Leyen sagt, das Deutschlands Wunsch, mehr zu tun, durchaus gerechtfertigt sei. Das hat sicherlich die anderen Länder auch dazu ermutigt, an dieser Initiative teilzunehmen, die in Deutschland lange vor Herrn Trumps Präsidentschaftskandidatur begann.
Der Zeitpunkt von Deutschlands Vorstoß ist mit voller Absicht so gewählt. Vom 17. bis zum 19. Februar treffen sich die Verteidigungsminister, Politiker und Akademiker in Deutschland zur Sicherheitskonferenz in München. Gespräche über die militärische Zusammenarbeit in der EU stehen auf der Liste des jährlichen Konferenzberichts, der bereits vor der Konferenz veröffentlicht wurde. Der Bericht enthält auch eine Informationsgrafik, die zeigt, wie weit die Niederländer mit der Integration mit den deutschen Streitkräften gekommen sind. Bei so viel Unsicherheit über Präsident Trumps Pläne für die Verteidigung Europas wird der Konferenz dieses Jahr ganz besondere Aufmerksamkeit zuteil, um zu sehen, was Amerika wohl zu tun gedenkt und wie Europa darauf reagieren wird. Die militärische Integration Europas steht definitiv auf der Tagesordnung.
Der Aufstieg zu einem Europa, das in der Lage ist, eigene Streitkräfte aufzustellen, die unabhängig von den Vereinigten Staaten sind, wäre eins der größten geopolitischen Ereignisse des letzten Jahrhunderts und würde das Gleichgewicht der Kräfte auf der ganzen Welt einschneidend verändern.
Herbert W. Armstrong warnte jahrzehntelang vor genau dieser militärischen Union. Im Mai 1953 schrieb er, dass „zehn mächtige europäische Nationen ihre Kräfte vereinen würden.“ Im August 1978 warnte er: „Die Europäer sorgen sich weit mehr um ihre Sicherheit, die von der militärischen Macht der Vereinigten Staaten abhängt, als die Amerikaner sich vorstellen können! ...“
„Die Europäer wollen ihre eigene, vereinte Militärmacht! Sie wissen, dass eine politische Union Europas eine dritte große Weltmacht erschaffen würde, die dann so mächtig wie die USA oder die UDSSR wäre – möglicherweise sogar noch mächtiger!“
Er erkannte, dass diese Kooperation nicht so einfach zu erreichen sein würde. Aber Europa wird praktisch dazu gezwungen. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, wie diese Großmacht sich zusammenfinden wird, dann lesen Sie unseren Artikel. „Ist Europa endlich bereit für eigene Streitkräfte?” ▪