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Die Erforschung von König Salomo unter neuen Gesichtspunkten
E ine der großen Debatten in der Welt der biblischen Archäologie ist die Frage nach der geschichtlichen Echtheit des biblischen Königreichs der Könige David und Salomo. Waren die beiden größten Könige Israels, wie die Bibel berichtet, mächtige Monarchen, die über ein wohlhabendes und bedeutendes Reich herrschten? Oder waren sie nur unbedeutende Stammeshäuptlinge, die kaum mehr als eine kleine Dorfgemeinschaft in den judäischen Bergen regierten?
Es ist noch nicht lange her, da drehte sich die Debatte darum, ob David und Salomo überhaupt existierten. Diese Kontroverse endete jedoch 1993 mit der Entdeckung der Tel Dan-Stele, in der ausdrücklich das königliche „Haus David“ von Juda erwähnt wird. Seitdem konzentriert sich die Debatte auf die Größe und Bedeutung der Vereinigten Monarchie des 10. Jahrhundert v. Chr.
Ein wichtiger Maßstab für Wissenschaftler und Archäologen, um die Größe und Bedeutung einer antiken Zivilisation zu messen, ist das Vorhandensein von großen Bauwerken. Belege für das, was wir als „monumentale Gebäude“ bezeichnen, wie die ägyptischen Pyramiden oder die riesigen Mauern von Babylon, sind ein sicheres Zeichen für Wohlstand und Macht.
Es besteht kein Zweifel daran, dass monumentale Ruinen ein Beweis für eine beeindruckende Zivilisation sein können. Aber die Monumentalität ist bei weitem nicht der einzige Beweis für die Macht und die Raffinesse einer Zivilisation. Einige Leute sind der Meinung, dass sich die Wissenschaftler zu sehr auf die Monumentalität konzentriert haben, insbesondere in der Debatte über die Größe und Bedeutung von David und Salomo.
Müssen wir die Maßstäbe, mit denen wir die Bedeutung der Vereinigten Monarchie messen, ändern?
Bevor wir uns näher mit diesem Thema befassen, ist es wichtig festzuhalten: Archäologen haben sowohl in Jerusalem als auch in ganz Israel Beweise für monumentale Strukturen aus dem 10. Jahrhundert v. Chr. freigelegt. In Jerusalem hatte Frau Dr. Eilat Mazar einen königlichen Komplex ausgegraben, den sie König Salomo zuschrieb (und dabei massive Mauern aus dem 10. Jahrhundert und ein großes Torhaus freigelegt), ebenso wie die ähnlich datierte Große Steinstruktur in der Stadt Davids. Inzwischen wurden auch in Hazor, Megiddo und Gezer (alles Städte, die Salomo laut Bibel ausbaute und befestigte; 1. Könige 9, 15) große Strukturen aus derselben Zeit freigelegt.
In der Bibel wird der legendäre Reichtum von Salomos Königreich beschrieben. Bibelstellen wie 1. Könige 3, 12-13 und 1. Könige 10 heißt es, dass der „Reichtum und die Ehre“ Salomos von keinem anderen König zu seinen Lebzeiten übertroffen wurde.
Aber wie konnte das Reich Salomos größer sein als das von Ägypten, Assyrien oder Babylon? Das Israel des zehnten Jahrhunderts hatte zwar einige monumentale Bauwerke, aber keine Pyramiden, Zikkurats, keine Verbotene Stadt und auch keine Große Mauer. Die archäologischen Ergebnisse suggerieren, dass die Bibel die Macht der Vereinigten Monarchie übertreibt.
Dies ist die logische Schlussfolgerung, wenn wir in erster Linie nach monumentalen Bauwerken als Beweis für die Bedeutung einer Zivilisation suchen. Aber was ist, wenn wir dies zu eng sehen?
Neue Maßstäbe für unsere Herangehensweise
In seinem Buch How the West Won: The Neglected Story of the Triumph of Modernity (Wie der Westen gewann: Die vernachlässigte Geschichte des Triumphes der Moderne) befasst sich der Historiker Rodney Stark mit dem Wesen der zivilisatorischen Größe. Stark untersucht einige der großen Reiche der Geschichte und zeigt die große Diskrepanz zwischen dem Reichtum, der Macht und der Bildung der Führer und der allgemeinen Bevölkerung.
„Die meisten Menschen“, schreibt Stark, „verbrachten ein Leben in Elend und Ausbeutung in tyrannischen Imperien, die sich über riesige Gebiete erstreckten“. Dann zitiert er den Anthropologen Marvin Harris, der feststellte, dass die Menschen unter diesen mächtigen Regimen „nur knapp über dem Existenzminimum lebten … kaum besser dran waren als ihre Ochsen“.
Das ist ein bemerkenswerter Punkt, insbesondere in unserer archäologischen Praxis. Viele der „großen“ und „bedeutenden“ Reiche der Geschichte rühmten sich beeindruckender, monumentaler Bauwerke und physischer Errungenschaften – aber dies geschah auf Kosten ihrer Untertanen, ja ihrer gesamten Wirtschaft und Gesellschaft, die dadurch verarmten.
„Wir sind nach wie vor fasziniert von den Berichten über die opulente Pracht antiker Kaiserhöfe, über gigantische Paläste mit goldenen Ausstattungen“, fährt Stark fort. „In allen alten Reichen waren Monumentalbauten weit verbreitet. Die Pharaonen bauten Pyramiden, riesige Statuen wie die Sphinx, gewaltige Schreine und sogar ganze persönliche Städte. Die Herrscher von Mesopotamien bauten riesige Zikkurats... Doch trotz dieser Monumente und des fabelhaften königlichen Reichtums waren die großen Reiche sehr arm“ (Hervorhebung durchgehend hinzugefügt).
Der Ägyptologe Ricardo Caminos schrieb über das alte Ägypten, dass „die Bauernfamilien ständig zwischen bitterer Armut und völliger Verelendung schwankten“.
„Allzu oft haben Historiker den immensen Reichtum der Herrscher hervorgehoben, ohne zu begreifen, welche Opfer dies der Bevölkerung abverlangte“, so Stark weiter. „Die ägyptischen Pyramiden, die Hängenden Gärten von Babylon und das Taj Mahal wurden alle als schöne Denkmäler einer repressiven Herrschaft errichtet; sie hatten keinen produktiven Wert und wurden mit Elend und Mangel bezahlt.“
Rückblickend auf die Geschichte, ist die natürliche Tendenz, die Bedeutung anhand der Größe der Bauwerke und des Reichtums der herrschenden Klasse zu bestimmen. Oft sind dies die einzigen bedeutenden Überreste, die wir von der antiken Welt haben. Wie Stark und andere jedoch feststellen, sind Beweise für großartige Bauten nicht ausschlaggebend für nationalen Erfolg oder Bedeutung.
Stellen Sie sich das in einem modernen Kontext vor. Wir bewerten die Größe und Bedeutung von Nationen heute nicht mehr in erster Linie anhand des Reichtums der obersten 1 Prozent der Bevölkerung. Wir verwenden alle möglichen Maßstäbe, um die wahre Bedeutung einer Nation zu bestimmen, einschließlich Lebensstandard, Qualität der Bildung, Alphabetisierungsrate, Größe und Reichtum der Mittelschicht, wirtschaftliche Nachhaltigkeit und kulturelle Kultiviertheit.
Stellen Sie sich vor, was Archäologen in Tausenden von Jahren in der Zukunft denken würden, wenn sie die „Ruinen“ unserer Gesellschaften mit einer ebenso begrenzten Anzahl von Textzeugnissen betrachteten. Was würden sie daraus schließen?
Wenn Sie an die größten, reichsten und mächtigsten Staaten der Geschichte denken, fällt Ihnen da das kommunistische Rumänien ein? Wahrscheinlich nicht. Aber zukünftigen Archäologen, die eine Vorliebe für den Monumentalismus haben, würde das schon einfallen.
Wer sich große Ruinen ansieht, könnte zu dem Schluss kommen, dass Rumäniens letzter kommunistischer Diktator, Nicolae Ceausescu, der wahre „Ramses“ der Geschichte war. Immerhin hat er für den Personenkult um sich und seine Familie das schwerste, teuerste und zweitgrößte Verwaltungsgebäude der Welt, den „Parlamentspalast“ in Auftrag gegeben. Das 1997 fertig gestellte Gebäude soll über 4 Millionen Tonnen wiegen und 1 Million Kubikmeter Marmor, 700 000 Tonnen Stahl und Bronze, 3500 Tonnen Kristallglas und Blattgolddecken enthalten. Die Energiekosten von Ceaușescus Palast (der zu 70 Prozent ungenutzt und leer steht) entsprechen etwa denen einer mittelgroßen Stadt.
Wenn zukünftige Archäologen nur den persönlichen Reichtum betrachteten, könnte Ceaușescus Rumänien wie eines der mächtigsten und bedeutendsten Länder der Welt aussehen! Aber ist dies wirklich ein Zeichen für nationalen Reichtum und Bedeutung? Rumänien hat die höchste Armutsquote in ganz Europa. Schätzungsweise 30 Prozent der Haushalte leben in Slums; in vielen Häusern leben vier oder fünf Familienmitglieder in einem einzigen Raum. Dabei hat sich die Situation seit dem Fall des Kommunismus in Rumänien deutlich verbessert.
Was könnten wir erfahren, wenn wir die Bedeutung der Vereinigten Monarchie anhand einiger dieser anderen Indikatoren messen?
Wie wäre es, wenn wir uns nicht nur auf monumentale Bauwerke konzentrieren, sondern auch die Zeugnisse sorgfältig geplanter und entwickelter Städte in Betracht ziehen würden? Was wäre, wenn wir nicht nur nach Beweisen für die Korrespondenz zwischen den Eliten suchen würden, sondern auch nach Beweisen für eine weit verbreitete Alphabetisierung? Was wäre, wenn es im Israel des 10. Jahrhunderts Belege für eine marktorientierte Wirtschaft und eine wohlgenährte, gut gekleidete Bevölkerung mit einem hohen Lebensstandard gäbe?
Dies würde sicherlich die Debatte über die biblische Geschichtlichkeit von Davids und Salomos Vereinigtem Königreich – Israels Reichtum und Bedeutung insgesamt – erheblich beeinflussen
In Wirklichkeit sind dies genau die Maßstäbe, die wir bei der Untersuchung der Vereinigten Monarchie verwenden müssen. Warum? Weil die biblische Geschichte zeigt, dass der Erfolg von David und Salomo auf diese Weise definiert wurde.
Biblischer Monumentalismus?
Obwohl es im Israel des 10. Jahrhunderts v. Chr. keine Pyramiden oder Zikkurats gab, beschreibt die Bibel doch ein monumentales salomonisches Bauwerk. Der Tempel in Jerusalem wäre sicherlich ein „Weltwunder“ der Antike gewesen. (Aus offenkundigen Gründen ist es unmöglich, dieses Bauwerk „auszugraben“, denn diese Tempelanlage wurde mehrfach angegriffen und dem Erdboden gleich gemacht.)
Doch trotz seiner majestätischen Pracht war der Tempel vergleichsweise klein. Das Hauptgebäude war nur etwa 27 Meter lang und 9 Meter breit (1. Könige 6, 2). Vergleichen Sie das mit den Dimensionen des babylonischen Zikkurat-Tempels, der eine Grundfläche von 100 mal 100 Metern hatte. Das Gleiche gilt auch für die Stadt Jerusalem selbst, die zur Zeit Davids und Salomos vergleichsweise klein war (2. Samuel 5).
Natürlich wurden im antiken Jerusalem großartige Bauwerke aus der Eisenzeit (Zeit des biblischen Königreichs) entdeckt. Dazu gehören das größte eisenzeitliche Bauwerk in ganz Israel, die Stufensteinstruktur, das noch größere, noch nicht ausgegrabene Bauwerk, der Große Turm von Charles Warren (der in seiner Höhe von nichts in Israel bis zur Zeit des Tempels übertroffen wurde) und die Steinquader des Extra-Turms, die größer sind als alle anderen Bausteine in Israel bis zur Zeit von Herodes‘ Tempel. Dennoch war Jerusalem im Vergleich zu anderen König- oder Kaiserreichen eine kleine Stadt mit einer relativ niedrigen Einwohnerzahl.
Das heißt aber nicht, dass Jerusalem oder Israel unbedeutend waren. Es gibt einen guten Grund für Jerusalems physisch begrenzte Größe
Wenn man die biblische Geschichte studiert, wird klar, dass Jerusalem nicht als Babylon, Ramses oder die Verbotene Stadt gedacht war. Das heißt, weder das biblische Jerusalem noch seine Infrastruktur waren dazu gedacht, die Macht und den Reichtum eines menschlichen Herrschers zur Schau zu stellen. Jerusalem wurde wegen seiner historischen religiösen Bedeutung (z. B. 1. Mose 14, 22) als Hauptstadt ausgewählt. Sie wurde auch wegen ihrer diplomatischen Bedeutung gewählt: Die Stadt lag direkt an der Grenze zwischen den Stammesgebieten von Juda und Benjamin (Josua 15, 8; 18, 28). Dass König David seine Regierung in Jerusalem errichtete, diente eindeutig als Symbol der Stammesversöhnung zwischen den nördlichen Stämmen, die zuvor den benjaminitischen König Saul unterstützt hatten, und dem neuen König des Stammes Juda.
Wichtig ist, uns vor Augen zu halten, dass Jerusalem nicht auf dem Rücken verarmter Bürger oder Sklaven erbaut wurde. Es war ein gemeinsames internationales Unterfangen, bei dem eine befreundete, benachbarte Nation ihre eigenen Experten entsandte, um Seite an Seite mit qualifizierten israelischen Arbeitern daran zu arbeiten (2. Samuel 5; 1. Könige 5).
Der Punkt ist, dass Jerusalem – insbesondere der Tempel und der königlich-salomonische Komplex – zwar materiell bedeutend und beeindruckend war, aber nicht übermäßig groß oder protzig. Die Stadt wurde nicht geschaffen, um die Pracht eines menschlichen Königs zur Schau zu stellen.
Die biblische Geschichte zeigt, dass Jerusalem geschaffen wurde, um die Beziehung zwischen Gott und Seinem Volk zu verdeutlichen und zu vertiefen und um die Bildung, die Kultur und den Wohlstand des gesamten Königreichs und der Bevölkerung zu fördern!
Diese Realität wird schon früh in der Bibel deutlich. In 5. Mose 17 gibt Mose Anweisungen für Israels künftige Herrscher: „Wenn du in das Land kommst, das dir der Herr, dein Gott, geben wird und es einnimmst und darin wohnst und dann sagst: ‚Ich will einen König über mich setzen ...‘ Er soll auch nicht viel Silber und Gold sammeln. ... Dieses Gesetz … soll bei ihm sein, und er soll darin lesen sein Leben lang, … sein Herz soll sich nicht erheben über seine Brüder...“ (Verse 14-20).
Die Thora enthält zahlreiche Gesetze, die das Verhalten eines Königs regeln, bis hin zur richtigen Behandlung von Dienern und dem Verbot der Sklaverei. Diese Ermahnung zu einer gerechten Herrschaft gilt insbesondere für David und Salomo, die Könige, die für die Eroberung der Stadt und ihre Etablierung als Hauptstadt verantwortlich waren.
2. Samuel 23, eine Bibelstelle, die die „letzten Worte Davids“ enthält, fordert eine faire und gerechte Herrschaft. 1. Könige 2 dokumentiert König Davids Weisungen an Salomo, in dem er seinen Sohn ausdrücklich ermahnt, bestimmten Personen „Freundlichkeit zu erweisen“ und ihnen sogar zu erlauben, „an deinem Tisch zu essen“. 1. Könige 3 berichtet von Salomos Gebet nach seiner Krönung. Hier betet Israels neuer König, dass Gott ihm „ein verständiges Herz“ geben möge, um über „Dein Volk, das du erwählt hast, ein großes Volk“ zu herrschen... „Denn wer ist fähig, dieses Dein großes Volk zu richten?“ (Verse 8-9).
Die Bibel ist eindeutig: Das Königreich Israel, insbesondere unter König David und König Salomo, sollte eine andere Art von Reich sein. Das treibende Bestreben der israelischen Führer war nicht die persönliche Selbstvergrößerung oder der Bau monumentaler Gebäude, um ihre Macht zur Schau zu stellen; das Hauptziel des Monarchen war es, die Entwicklung einer ganzen Bevölkerung von wohlhabenden, gebildeten Menschen zu fördern, um Gottes Modellnation zu schaffen.
Natürlich hielt sich die Mehrheit der israelitischen Herrscher nicht an dieses Ethos. Aber David und Salomo taten es zum großen Teil! Unter diesen beiden Königen blühte nicht nur die Hauptstadt Jerusalem auf und gewann an Reichtum und Ansehen, sondern das ganze Königreich!
Wenn wir die Geschichte der Vereinigten Monarchie untersuchen, müssen wir sie an diesem Maßstab messen.
Betrachten wir also anhand dieser Maßstäbe, was uns die archäologischen Aufzeichnungen über David und Salomo sagen.
Willkommen in Timna
Die historische Realität sagt uns, dass wir nicht erwarten sollten, Beweise für eine wohlhabende Bevölkerung zu finden, indem wir eine Fülle von Gold, Silber und anderen Zeichen materiellen Reichtums freilegen. Das Land Israel ist im Laufe der Geschichte Dutzende Male überfallen, geplündert und zerstört worden, so dass solche Funde eine Seltenheit sind.
Aber es gibt noch viele andere Beweise, die wir studieren können, selbst 3000 Jahre später. Als Fallstudie wollen wir uns in den äußersten Süden Israels begeben und eine Bergbaugemeinde in der Wüste untersuchen.
Timna ist eine antike Kupferminenstätte in der Wüste im äußersten Süden des heutigen Israel, nördlich des Golfs von Akaba. (Siehe Karte, S. 14) Die Stätte liegt in der geografischen Region des antiken Edom. Die Bibel berichtet, dass diese Region zu Beginn des 10. Jahrhunderts von König David erobert wurde: „David errichtete im ganzen Land Garnisonen und machte die Bewohner von Edom zu seinen Untertanen“ (1. Chronik 18, 13; Hoffnung für alle-Bibel).
Die Bergbauregion Timna ist übersät mit riesigen Schlackenhalden, die teilweise mehr als 6 m hoch sind, und ist mit 10 000 Minenschächten gespickt, von denen einige mehr als 40 m tief sind. Diese Minen sind über mehrere Jahrtausende hinweg immer wieder in Betrieb gewesen.
Als diese Minen im 20. Jahrhundert zum ersten Mal ausgegraben wurden, hielt man sie sensationell für Minen von König Salomo. Der berühmte Archäologe Nelson Glueck behauptete, dass es sich um die Minen handelte, aus denen Salomo das Kupfer für die Herstellung der riesigen Bronzemenge im Tempel gewonnen hatte. Ende des 20. Jahrhunderts wurde diese Behauptung widerlegt und Archäologen wiesen stattdessen auf ein ägyptisches Heiligtum aus dem 12. Jahrhundert v. Chr. und andere ägyptische Überreste in der Gegend hin, die zeigten, dass nur die Ägypter für die gewaltige Kupferproduktion in dieser Zeit verantwortlich gewesen sein konnten.
Wie sich herausstellte, haben neuere Ausgrabungen und Untersuchungen gezeigt, dass die ersten Ausgräber doch Recht hatten: Die Minen gehören tatsächlich in die Zeit König Salomos. Im Jahr 2013 ergaben neue Kohlenstoffdatierungen und Analysen der Schlacke, dass die Kupferproduktion zur Zeit der ägyptischen Herrschaft tatsächlich zurückging und erst nach dem Abzug der Ägypter wieder anstieg. Dann, zwei Jahrhunderte später, während des 10. Jahrhundert v. Chr., also zur Zeit der Könige David und Salomo, erreichten die Minen die höchste Produktionsmenge ihrer gesamten Geschichte. (Interessanterweise ging die Gesamtproduktivität im neunten Jahrhundert v. Chr. wieder zurück, nachdem die Vereinigte Monarchie zerbrochen war.)
Dr. Erez Ben-Yosef von der Universität Tel Aviv ist einer der wichtigsten Ausgräber von Timna. In den letzten Jahren hat er auf etwas hingewiesen, was er für eine „architektonische Voreingenommenheit“ in der Archäologie hält (insbesondere in Bezug auf Timna). Seiner Meinung nach besteht die Tendenz, das Vorhandensein von Steinbauten und die damit verbundene „Monumentalität“ zu sehr als „Beweis“ für die Existenz mächtiger Herrscherreiche zu betonen. Er hebt hervor, wie diese architektonische Voreingenommenheit dazu geführt hat, dass die gewaltige Produktion von Timna fälschlicherweise mit der ägyptischen Vorherrschaft in Verbindung gebracht wurde.
„Spätere Forschungen in Timna vermieden absichtlich die Verwendung des Alten Testaments als Hintergrund für archäologische Interpretationen – im Einklang mit dem zunehmenden bibelkritischen Bewusstsein in diesen Jahrzehnten“, schrieb Ben-Yosef. „Zwischen 1970 und 2012 war dieses Paradigma so dominant, dass widersprüchliche Beweise unterdrückt und übersehen wurden .... [Das Hathor-Heiligtum und die Inschriften mit den Namen von Pharaonen aus der 19. und 20. Dynastie, die in der Tat ein imperiales ägyptisches Engagement in der späten Bronzezeit bezeugen, überschatteten alle zu dieser Zeit verfügbaren gegensätzlichen Beweise“ („The Architectural Bias in Current Biblical Archaeology“, 2019).
Auf einige der faszinierenden Einzelentdeckungen werden wir gleich noch zu sprechen kommen. Doch zunächst sollten Sie sich einen Überblick über die Minen von Timna und ihre gewaltige Spitzenproduktion im 10. Jahrhundert in einem ähnlichen Beispiel ansehen, das Stark in How the West Won untersucht hat.
Industrielle Unternehmen
In demselben Kapitel, das sich mit dem Monumentalismus und der tyrannischen Armut antiker Reiche befasst, führt Stark ein Beispiel aus dem Bergbau an, das viele Jahrhunderte später in China praktiziert wurde. Die Bezugnahme auf Timna ist hierbei bemerkenswert.
Ende des 10. Jahrhunderts n. Chr. entwickelte sich in Nordchina eine mächtige Eisenindustrie. Um das Jahr 1018 produzierten chinesische Industrielle – Privatleute – etwa 35 000 Tonnen Eisen pro Jahr. Sie verdienten eine Menge Geld, das sie zum größten Teil in ihre Minen reinvestierten, was zu einer noch größeren Produktion und technologischen Entwicklung (und allgemeinem Wohlstand) führte. Es ist wichtig, dass Stark betont, dass Chinas florierende Eisenindustrie „kein staatlicher Betrieb“ war.
Im 11. Jahrhundert war die blühende Eisenindustrie bereits tot. Was war geschehen? Stark erklärt, dass der chinesische Kaiserhof einschritt und sich die Minen mit einem staatlichen Monopol sicherte, als er den wachsenden Reichtum der Industriellen und die hohen Löhne bemerkte, die sie ihren bäuerlichen Arbeitern zahlten. Es überrascht nicht, dass sich die Produktion der Minen danach verringerte und schließlich ganz eingestellt wurde.
Wenn „die Elite die gesamte Produktion über das überlebensnotwendige Minimum hinaus an sich reißt, fehlt den Menschen der Beweggrund, noch mehr zu produzieren“, schreibt Stark. „Das Wirtschaftssystem der alten Imperien und aller despotischen Staaten ist als Kommandowirtschaft bekannt geworden, da der Staat Märkte und Arbeit kommandiert und zwingt ...“
Mächtige autoritäre Regierungen neigen dazu, die Privatwirtschaft zu monopolisieren. Aufgeklärte, kultivierte und fortschrittliche Regierungen sehen davon ab.
Beide Seiten dieser Medaille sind in Timna zu sehen.
Die Funde vor Ort zeigen, dass der Bergbau unter den ägyptischen Despoten im 13. bis 12. Jahrhundert relativ schleppend verlief und erst nach dem Abzug der Ägypter wieder in Schwung kam. Umgekehrt erreichte die Mine im 10. Jahrhundert v. Chr. ihr höchstes Produktionsniveau. Und nicht nur das: Wie Ben-Yosef entdeckte, gibt es Hinweise dafür, dass zu dieser Zeit neue Verhüttungstechnologien entwickelt wurden, wodurch die Mine ihre Produktion und Effizienz steigern konnte.
Es liegt auf der Hand, dass die Zentralregierung, die zu dieser Zeit die Region kontrollierte, die Kupferproduktion in Timna förderte. Nur eine respektvolle und wohlwollende Regierung hätte es der allgemeinen Bevölkerung, einschließlich dieser weit entfernten Bergbaustadt, ermöglicht, Erfolg zu haben und sich zu bereichern – ein System, das im Gegensatz zur „Kommandowirtschaft“ steht.
Diese Art der zentralen Verwaltung könnte nicht nur als bedeutsam und fortschrittlich eingestuft werden, sie stimmt auch völlig mit der biblischen Beschreibung von Salomos Verwaltung überein.
Aber es ist nicht nur bemerkenswert, was und wie die Bergleute in Timna im 10. Jahrhundert produzierten, sondern auch, was sie dabei anhatten und was sie aßen.
Gut gekleidete Bergleute?
„In despotischen Staaten, in denen sich die Herrscher darauf konzentrieren, von denjenigen, die sie beherrschen, ein Maximum zu verlangen, werden auch die Untertanen ausgesprochen habgierig“, schreibt Stark. „Sie konsumieren, horten und verbergen die Früchte ihrer Arbeit und produzieren nicht annähernd so viel wie sie wirklich könnten. ... Das Ergebnis ist ein Lebensstandard, der weit unter den potenziellen produktiven Kapazitäten der Gesellschaft liegt.“
Dies war im Timna des 10. Jahrhunderts sicherlich nicht der Fall. Wie Ariel David von Haaretz 2019 berichtete: „Ausgrabungen in Timna haben gezeigt, dass um das Jahr 1000 v. Chr. ... Befestigungen um die Stätte herum gebaut wurden und es wurden Überreste gefunden, die zeigen, dass die örtlichen Arbeiter mit teuren Textilien bekleidet waren und aus der Ferne importierte Lebensmittel genossen.“ Diese „Befestigungen“ stimmen mit 1. Chronik 18, 13 überein, wo es heißt, dass David „im ganzen Land (von Edom) Garnisonen errichtete.
Die Hinweise auf reiche Nahrung und Kleidung überraschten die Wissenschaftler. Jahrzehntelang war man davon ausgegangen, dass Timna eine schmutzige, schäbige Bergbaustadt war, in der Sklaven ein ärmliches Dasein fristeten (Glueck nannte einen Teil des Geländes „Slave Hill“ [„Sklavenhügel“]). Doch mehrere Kleidungsstücke, die 2019 auf den Müllhalden von Timna ausgegraben wurden, erzählen eine ganz andere Geschichte.
Erstens war die Kleidung dieser Zeit nicht der schlichte, minimalistische Stil, den die ägyptischen Handwerker trugen. Sie entsprach eher dem „bunten Mantel“ Josephs. Es wurden mehrere wunderschöne, farbenfrohe Fragmente von gewebten Wollstoffen gefunden, einige davon unterschiedlich gestreift mit orangefarbenen, schwarzen, blauen und roten Einwebungen. (In der Bibel wird die Verwendung solcher blauen und roten Farbstoffe häufig beschrieben und es wird sogar erwähnt, dass König Salomo persönlich einen geschickten Mann suchte, der mit „karmesinrotem und blauem Garn“ arbeiten konnte – 2. Chronik 2, 7; New International Version). Die Analyse der Proben ergab, dass diese Stofffarben durch eine recht komplexe Färbepraxis unter Verwendung bestimmter, weit entfernter Mittelmeerpflanzen erzielt wurden.
Und erst letztes Jahr wurde in den Minen ein Stück königlicher Purpurstoff (Argaman) aus dem 10. Jahrhundert entdeckt. Um die Bedeutung dieses Fundes zu verdeutlichen, muss man sich vor Augen halten: Dieser Stofffarbstoff wurde zu verschiedenen Zeiten in der Geschichte für das 10-20fache seines Gewichts in Gold gehandelt. Dieser kostbare, aus Schnecken gewonnene Farbstoff wird in der Bibel mehrfach erwähnt, vor allem im Zusammenhang mit dem Tempel – und doch ist diese Entdeckung die früheste, die im eisenzeitlichen Israel gemacht wurde und sie liegt etwa 1000 Jahre vor den bereits bekannten Exemplaren. Und dieser Farbstoff wurde in einer antiken Mülldeponie mitten in der Wüste gefunden, in einem Bergbaugebiet aus dem 10. Jahrhundert v.Chr.
Neben den Kleidungsstücken, die die Bewohner von Timna schmückten, entdeckten die Archäologen eine Fülle weiterer Überreste, die auf den Reichtum, die Produktivität und den Wohlstand dieser Bergbaugemeinde in der Wüste hinweisen. Die Überreste waren dank der intensiven, trockenen Hitze bemerkenswert gut erhalten. Darunter befanden sich Dutzende von Textilfragmenten sowie reichhaltige Lebensmittel aus dem Mittelmeerraum, die in dieser Gegend nicht ohne weiteres angebaut werden konnten. Die Wissenschaftler fanden Belege für Feigen, Trauben, Oliven, Granatäpfel, Weizen und Mandeln – und sogar Fisch, der nicht aus dem nahen Golf von Akaba, sondern aus dem Norden, aus dem fernen Mittelmeer stammte. Alle Wege führten nach Norden – in Israels Kernland. Sogar die Analyse von Eselskot ergab, dass das Getreide ursprünglich aus der Region Jerusalem stammte.
Was für wohlhabende, gut bezahlte, gut gekleidete und gut genährte Menschen gab es zu dieser Zeit? Und welche Art von Zentralregierung gab es, die einen so hohen Lebensstandard ermöglichte? Die biblische Geschichte liefert die Antworten.
Wie bereits erwähnt, weist Dr. Ben-Yosef auf das Problem der „architektonischen Voreingenommenheit“ unter denjenigen hin, die die Bedeutung dieser Periode des 10. Jahrhunderts in der Antike aufgrund des Fehlens von Monumentalismus oder Steinstrukturen nicht anerkennen, selbst wenn es wesentliche Beweise für eine fortgeschrittene Zivilisation gibt.
In seinem Artikel aus dem Jahr 2019 schreibt Ben-Yosef: „Dieser [archäologische] Fehler ... besteht im Wesentlichen in der Überbetonung von Steinbauten bei der Bestimmung der sozialen Komplexität, der geopolitischen Macht und der historischen Rolle von Gesellschaften aus der biblischen Zeit. Die Debatte und die Konzentration auf die chronologische Platzierung architektonischer Überreste haben ungewollt die Abhängigkeit von Steinbauten als Schlüssel für die Beurteilung der Stärke, der Größe, des geopolitischen Einflusses und sogar der bloßen Existenz der biblischen Königreiche vertieft, was wiederum zur „Lösung“ von Fragen im Zusammenhang mit der Historizität der biblischen Berichte führt.
„Die Tatsache, dass man sich bei der Beurteilung der sozialen Komplexität auf archäologische Steinbauten verlässt, [hat] eine grundlegende Auswirkung auf die Versuche, die Historizität der biblischen Berichte auf der Grundlage der archäologischen Aufzeichnungen zu beurteilen, indem sie offensichtlich eine Tendenz zum Minimalismus hervorruft. Dies ist besonders relevant für die ständigen Bemühungen, die Entstehung des alten Israels und seiner benachbarten Königreiche zu verstehen.
Was ist echter Reichtum?
Wenn wir in erster Linie nach Anzeichen von „Monumentalismus“ in den israelitischen Ruinen aus dem 10. Jahrhundert suchen, ist es nicht schwer, die vorhandenen Beweise zu verwerfen (wie es die Skeptiker oft tun) und zu dem Schluss zu kommen, dass David und Salomo nicht viel mehr als Stammeshäuptlinge waren, die über eine Schar lose zusammenhängender Dörfer herrschten. Erweitern wir jedoch die Maßstäbe, mit denen wir die Bedeutung der Vereinigten Monarchie messen, ändert sich die Debatte schnell. Das Beispiel von Timna, einer abgelegenen Bergbaustadt mit florierender Wirtschaft und wohlhabenden Bürgern, ist überzeugend – und es ist kein Einzelfall. Gibt es noch andere „Timnas“ da draußen?
In Jerusalem und in ganz Israel gibt es Beweise dafür, dass die biblischen Aufzeichnungen zutreffen, wenn sie die Vereinigte Monarchie als wohlhabend, expansiv und bedeutend beschreiben – nicht nur für ihre Herrscher, sondern auch für die Bevölkerung.
Wie also sollte der wahre „Reichtum“ eines Königreichs gemessen werden? An seinen beeindruckenden Bauwerken? Ramses aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. gilt als einer der reichsten, mächtigsten und wohlhabendsten Pharaonen aller Zeiten, mit all den damit verbundenen „monumentalen“ Bauwerken. Aber was würden die zeitgenössischen Arbeiter in den von Ägyptern beherrschten Minen von Timna sagen? Wie würden sie ihren eigenen Wohlstand bewerten? Wie würden sie den Pharao bewerten? Wie würden sie ihre Situation mit der ihrer Kollegen in Timna im 10. Jahrhundert vergleichen? Und wie würden sie unsere Zivilisation bewerten, die mit Staunen auf das ägyptische Reich zurückblickt?
Wie sollte der tatsächliche nationale Reichtum gemessen werden? An dem Herrscher? Oder an den Beherrschten?
Wenn wir die Beweise für die Bedeutung Davids und Salomos auswerten, sollten wir nicht erwarten, eine protzige königliche Familie zu finden, die vor lauter gehorteten Reichtümern nur so strotzt und auf Kosten ihrer Bürger mit kultischem Monumentalismus geehrt wird. Stattdessen sollten wir nach Beweisen für eine Gesamtbevölkerung von gebildeten, kultivierten, wohlhabenden Menschen suchen, die in einer pulsierenden Wirtschaft leben und daran teilhaben. Das ist der überragende nationale Reichtum, von dem in der Bibel die Rede ist.
Und das ist der Reichtum, den auch die Archäologie ans Licht bringt.