SPÖ Presse und Kommunikation/Flickr
Haben die Deutschen Angela Merkel langsam satt?
Ist Deutschland seiner Kanzlerin überdrüssig? Der „Schulz-Effekt“, der gerade durch das Land zieht, legt das nahe.
Anfang des Jahres schien Kanzlerin Merkels Sieg bei den kommenden Wahlen noch sicher. Diese Illusion wurde nun zunichte gemacht. Sigmar Gabriel, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei (SPD), der größten Konkurrenzpartei Angela Merkels, trat am 25. Januar zurück. Der Präsident des europäischen Parlaments Martin Schulz legte sein Amt nieder und übernahm den Vorsitz der SPD. Er erfüllte die SPD mit neuem Leben, Begeisterung und vor allem mit Hoffnung auf einen Wechsel.
Auch wenn er Teil der europäischen Elite ist, so kommt mit Schulz doch ein neues Gesicht auf die politische Bühne, das sich deutlich vom Establishment in Berlin abhebt. Nur zwei Wochen nach dem Wechsel an der Spitze der SPD war ihre Beliebtheit von 21 Prozent auf 31 Prozent gestiegen.
Am 2. Februar schrieb die Welt, bei einer Kanzler-Direktwahl würden 50 Prozent der Befragten für Schulz stimmen, nur 34 Prozent für Merkel. Solche Spitzenwerte bei Umfragen hat die SPD seit zwanzig Jahren nicht mehr erreicht.
In der Partei ist viel Begeisterung an der Basis zu spüren. Seit Schulz Kanzlerkandidat wurde, haben sich der SPD tausende neue Mitglieder angeschlossen – „der größte Zuwachs seit langem“, schreibt Spiegel Online. Den Parteibüros gehen die Parteibücher für die neuen Mitglieder aus und die Konferenzräume sind für die Menschenmengen zu klein.
Für die Christlich-Demokratische Union (CDU) und die Christlich-Soziale Union (CSU) konnte dieses Phänomen zu keinem schlechteren Zeitpunkt passieren. Spiegel Online schrieb:
Der Wähler ist nicht einfach nur Frau Merkels überdrüssig. Die konservative Allianz, die sie anführt, ist mehr zersplittert als je zuvor. Der Friedensgipfel der CDU/CSU vergangene Woche in München ist nichts weiter als ein vorübergehender Waffenstillstand und Merkels Ansehen als Kanzlerin, früher als besonnen und vernünftig bekannt, hat im Sommer 2015 erheblichen Schaden genommen, als sie den Flüchtlingen die Grenzen öffnete.
Der Schulz-Effekt zeigt auf dramatische Weise, wie gut ein Führungswechsel einer Partei tun kann. „Merkels Kanzlerschaft zeigt Abnutzungserscheinungen und das birgt Gefahren. Denn die Wähler stimmen oft für den Herausforderer, nur um gegen den Amtsinhaber zu stimmen“ (ebd.)
Die Stimme „gegen den Amtsinhaber“ hat dazu geführt, dass große CDU-Kanzler die Wahl gegen die SPD verloren haben, wie es zum Beispiel bei Helmut Kohl (CDU) und Gerhard Schröder (SPD) der Fall war.
Das soll nicht heißen, dass Schulz die Wahlen gewinnen wird. Der Wähler in Deutschland hat sich mehrere Monate vor dem Wahltag noch nicht endgültig entschieden und Schulz ist sogar noch mehr für die Einwanderung als Frau Merkel. Neue politische Ereignisse könnten Schulz in den nächsten Monaten noch schaden.
Es scheint jedoch klar, dass den Deutschen das neue Gesicht gefällt.
Der Wind des Wandels der durch Deutschland zu blasen beginnt, wird auch bald die Führungsspitze der CDU und CSU verändern. ▪