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Israel wurde nationale Größe versprochen – die Juden haben sie nie erlangt. Warum? (Zweiter Teil)
Fortgesetzt von Israel wurde nationale Größe versprochen – die Juden haben sie nie erlangt. Warum? (Erster Teil)
G
ott begründet sein Volk mit einem Menschen
In einer solchen Welt, weit entfernt von Gott, von der Erkenntnis der Segnungen, die seine Herrschaft bewirkt, und von der Anbetung des wahren Gottes, gab es einen Mann, der ehrlich und aufrecht, ergeben und belehrbar und dabei stark und zielbewusst war. Diesen Mann prüfte Gott, um zu sehen, ob er ihm gehorchen würde. Gott gebot ihm: „Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen“ (1. Mose 12, 1-2).
Hier war also nicht nur ein Gebot, sondern auch eine Verheissung, die an die Bedingung geknüpft war, dass dieser Mann, Abram, Gott gehorchte.
Genauso wie Gott zu Beginn einen einzigen Menschen geschaffen hatte, so begründete er nun auch sein besonderes Volk mit einem einzigen Menschen – mit Abraham. Wie die Menschheit mit einem Menschen begann, der gegen Gottes Herrschaft rebellierte, so begann das physische Volk Gottes, aus dem durch die Wiedergeburt das Reich Gottes entstehen soll, mit einem Menschen, der Gott gehorchte, ohne Fragen zu stellen – der sich der Herrschaft Gottes unterstellte.
Zögerte Abram? Erhob er Einwände und stellte er lange Überlegungen an? Hat er gesagt: „Lass uns doch erst mal darüber reden; ich bin hier in Babylon, im Zentrum des Welthandels, der Gesellschaft und des Vergnügens. Warum kannst du mir diese Verheißung nicht hier geben, wo alles angenehm und faszinierend ist? Warum soll ich das alles verlassen und in dieses unzivilisierte Land gehen?
Hat Abram herumgeredet, sich widersetzt, argumentiert, rebelliert?
Er hat es sicher nicht getan!
Die Bibel berichtet schlicht: „Da zog Abram aus.“ Es gab keine Diskussion mit Gott. Es gab keine menschlichen Argumente, dass Gott sich geirrt hätte. Es gab keine törichten Fragen: „Warum muss ich von hier weggehen? Kann ich nicht tun, was mir gefällt? Es gab kein Zurückhalten mit dem Argument: meines Erachtens ist das der richtige Weg.“
„Da zog Abram aus.“ Nichts als schlichter, unbedingter Gehorsam!
Gott machte diesen Mann, dessen Namen er später in Abraham änderte, zum Stammvater seines Volkes, zum Stammvater Israels. Abraham und seinen Nachkommen wurden alle Verheißungen Gottes zugesagt. Jeder Mensch, der das ewige Leben im Reich Gottes erben will, muss durch Christus zu einem Kind Abrahams werden – wie Abraham werden.
Über das physische Volk Israel sagte Gott: „Das Volk, das ich mir bereitet habe, soll meinen Ruhm verkündigen“ (Jesaja 43, 21). Dieses Wort wird sich in naher Zukunft erfüllen!
Der Doppelaspekt der Verheißungen an Abraham
Nur wenige verstehen, dass das gesamte Vorhaben Gottes, sein Plan hier auf Erden, sich nach dem Prinzip der Dualität, der zweifachen Bedeutung, erfüllt.
Es gab einen ersten Adam, der physisch und fleischlich gesinnt war, und es gibt einen zweiten Adam, Christus, der aus Geist besteht und göttlich ist. Es gab einen Alten Bund, der physisch und zeitlich begrenzt war, und es gibt einen Neuen Bund, der geistig und ewig ist. Gott schuf den Menschen sterblich, physisch, aus dem Staub der Erde; aber durch Christus kann er zum Sohn Gottes werden, der aus Geist besteht und Unsterblichkeit besitzt.
Genauso gibt es bei den Verheißungen, die Gott an Abraham richtete, einen Doppelaspekt: Einmal sind sie rein materiell und gelten dem physischen Volk Israel, und zum anderen sind sie geistig und gelten für den einzelnen Christen. Die Verheißung des Messias und unserer Erlösung durch ihn ist selbst den oberflächlichen Bibellesern wohlbekannt. Viele wissen auch, dass Gott Abraham das Versprechen gab, Christus werde als dessen Nachkomme geboren werden und die Menschheit erlösen. Doch so merkwürdig es klingen mag, fast niemand weiß, was die Erlösung eigentlich ist, welches die Verheißungen der Erlösung sind, die wir durch Christus erlangen können und wie und wann wir sie erlangen können. Doch das ist ein Thema für sich.
Hier ist die Tatsache ausschlaggebend, dass Abraham von Gott ein weiteres, ganz anderes Versprechen erhielt, das sich auf nationale und materielle Dinge bezieht. Dieses verwunderliche Versprechen wurde von den meisten völlig übersehen.
Lesen wir noch einmal, wie Gott Abram berief und ihm Verheißungen gab, die sowohl einen materiellen als auch einen geistigen Aspekt haben: „Und der Herr sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum grossen Volk machen … und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden“ (1. Mose 12, 1-3).
Die physische Verheißung lautet: „Ich will dich zum grossen Volk machen.“ Abrahams Nachkommen sollen sich also stark vermehren und ein großes Volk werden.
Die andere, die geistige Verheißung lautet: „Und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“ Diese gleiche Verheißung wird in 1. Mose 22, 18 (Jubiläumsbibel) wiederholt: „… und durch deinen Samen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden.“ Der Ausdruck „dein Same“ bezieht sich auf Christus, wie in Galater 3, 8 und 16 (Jubiläumsbibel) erklärt wird.
Hier liegt der entscheidende Punkt, an dem die Menschen, die sich zum Christentum bekennen, mitsamt ihren Lehrern den Pfad der Wahrheit verlassen. Das ist der Punkt, wo sie den Weg verlassen, der sie zum fehlenden Schlüssel zum Verständnis der Prophezeiungen führen würde. Sie haben die zweifache Verheißung nicht zur Kenntnis genommen, die Gott Abraham machte. Sie erkennen die messianische Verheißung der geistlichen Erlösung durch den „einen Samen“ – Christus.
Die Verheißung hinsichtlich des „großen Volkes“ ist nationaler Art und bezieht sich nicht auf den „einen Samen“ oder Nachkommen, von dem in Galater 3, 16 die Rede ist; sie bezieht sich nicht auf Jesus Christus, obwohl dieser natürlich auch ein Sohn Abrahams und ein Sohn Gottes war, sondern auf die vielen „Samen“, d. h. auf eine zahlreiche Nachkommenschaft. Diese Tatsache wird von Gott bei der späteren Wiederholung seines Versprechens deutlich bestätigt.
„Als nun Abram neunundneunzig Jahre alt war, erschien ihm der Herr und sprach zu ihm: Ich bin der allmächtige Gott; wandle vor mir und sei fromm. Und ich will meinen Bund zwischen mir und dir schließen und will dich über alle Maßen mehren … und du sollst ein Vater vieler Völker werden. Darum sollst du nicht mehr Abram heißen, sondern Abraham soll dein Name sein; denn ich habe dich gemacht zum Vater vieler Völker“ (1. Mose 17, 1-5).
Gott knüpft hier sein Versprechen an die Bedingung, dass Abraham ihm gehorsam ist und ein gerechtes Leben führt. Weiter sehen wir, dass jetzt nicht nur von einem „großen Volk“, sondern von „vielen Völkern“ die Rede ist. Auch dies macht deutlich, dass hier nicht von dem „einen Samen“, Christus, die Rede ist. Der folgende Bibelvers bekräftigt das:
„… und ich will dich sehr fruchtbar machen und will aus dir Völker machen, und auch Könige [mehr als einer] sollen von dir kommen“ (Vers 6). Wir sehen: Diese Völker und Könige sollen direkt von Abraham kommen als seine leibliche Nachkommenschaft. Es wird von „vielen Samen“ gesprochen, nicht von einem einzelnen Nachkommen (Jesus Christus), durch den nur hier und da einzelne im geistigen Sinne zu Abrahams Kindern werden können, indem sie durch ihn geistig gezeugt werden (Galater 3, 29). Verstreut lebende, einzelne Christen bilden keine Völker. Zwar wird die Gemeinde in der Tat als „das königliche Priestertum, das heilige Volk“ bezeichnet (l. Petrus 2, 9), doch die Gemeinde Christi ist nicht in „viele Völker“ aufgeteilt. Diese Verheißung ist nationaler, nicht geistiger Art.
„Und ich will aufrichten meinen Bund zwischen mir und dir und deinen Nachkommen von Geschlecht zu Geschlecht …“ (1. Mose 17, 7). „Nachkommen“ steht in der Mehrzahl. „Und ich will dir und deinem Geschlecht nach dir das Land geben, darin du ein Fremdling bist, das ganze Land Kanaan [Palästina], zu ewigem Besitz, und will ihr Gott sein“ (Vers 8).
„Das Land“ ist materielles Besitztum; es wird „dir und deinem Geschlecht nach dir“ (als einer Vielheit) versprochen. Gott will „ihr“ Gott und nicht „sein“ Gott sein. Die Mehrzahlform wird auch in Vers 9 gebraucht: „So haltet nun meinen Bund, du und deine Nachkommen von Geschlecht zu Geschlecht.“
Das Geschick und die Zukunft großer Völker beruht auf den Verheißungen Gottes an Abraham. Dagegen gründet sich die Hoffnung auf ewiges Leben für jeden Menschen, ungeachtet seiner Nationalität oder Hautfarbe, auf den geistigen Gehalt dieser Verheißungen, nämlich auf das Versprechen der Gnade durch den „einen Samen“, Jesus Christus. ▪
Wird fortgesetzt...