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Trump, Deutschland und KT zu Guttenberg
Das folgende ist ein Artikel, den wir schon einmal veröffentlicht haben. Doch aufgrund der bevorstehenden Wahlen glauben wir, dass es sinnvoll wäre, ihn noch einmal zu lesen:
Wer ist Donald J. Trump und wie wird sich seine Präsidentschaft auf mein Land auswirken? Diese Frage beherrscht im Augenblick das Denken vieler Regierungschefs und weltweit führender Staatsmänner. Und in keinem Land denkt man mehr darüber nach als in Deutschland.
In Berlin und in allen anderen Hauptstädten auf der ganzen Welt ist ein umfassendes Verständnis des Präsidenten der Vereinigten Staaten und seiner Vorhaben im Moment vielleicht der wertvollste Aktivposten. Die führenden Politiker in Deutschland sind zutiefst besorgt und fragen sich: Meint Trump es wirklich ernst, Einfuhrzölle für die Waren zu erheben, die Deutschland nach Amerika exportiert? Hat er wirklich eine Aversion gegen die europäische Union und strebt ihre Auflösung an? Wie stark ist seine Zuneigung zu dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und wie sehr wird er damit den Kreml stärken? Glaubt Trump wirklich, die NATO sei überholt und plant, den Rückzug der Vereinigten Staaten aus Europa einzuleiten?
Für Deutschland und Europa sind das existenzielle Fragen. Jeder dieser Punkte stützt seit dem zweiten Weltkrieg das internationale System. Diese Weltordnung ist nicht unbedingt perfekt und es ist eigentlich nicht verkehrt, diese grundsätzlichen Fragen neu zu überdenken. Aber eine Generalüberholung von 70 Jahren internationaler Beziehungen muss bedächtig und mit größter Vorsicht zusammen mit den Verbündeten angegangen werden. Ein Ausrutscher kann zum Zerfall der internationalen Ordnung führen.
Auch wenn Herr Trumps Ansichten über Russland, die EU, die NATO und Deutschland völlig anders als die klassischen amerikanischen Ansichten zu diesen Fragen sind, kann man unmöglich mit Sicherheit vorhersagen, ob seiner Sichtweise vielleicht die ausreichende Rücksichtnahme fehlt. Immerhin gibt es da ein Problem: Trump spricht davon, die Beziehungen der Vereinigten Staaten zu Europa, Deutschland, der NATO und die russisch-europäischen Beziehungen grundlegend umzugestalten – oder dramatischer ausgedrückt: Herr Trump spricht davon, die Nachkriegsweltordnung zu zerstören – und zwar vorbehaltlos – ohne jede Erklärung oder Diskussion.
In Europa, besonders in Deutschland, ist man erschrocken.
Am 20. Januar feierten Millionen Amerikaner Donald Trumps „Amerika zuerst“ –Antrittsrede. Hier nun, was die Deutschen und Europäer dazu meinten:
Das Handelsblatt berichtete unter dem Titel „Das Trump-Team lässt Deutschland draußen im Regen stehen“:
Während Donald Trump offiziell sein Amt antritt, bemüht sich die deutsche Regierung immer noch, Kontakt mit der neuen amerikanischen Regierung aufzunehmen und versucht, das Getöse im Wahlkampf von der tatsächlichen Politik zu unterscheiden. Die gegenwärtige Wachablösung in den Vereinigten Staaten … hat die deutsche Regierung über den zukünftigen Kurs der transatlantischen Beziehungen im Ungewissen gelassen … Frau Merkel hat Trump nie kennengelernt und weiß nur sehr wenig über diesen eigenwilligen Mann, der am Freitag als der 45. Präsident vereidigt wurde – nur dass er ihre Flüchtlingspolitik für einen „einen katastrophalen Fehler“ hält.
In dem Spiegel Online Artikel „Donald Trump und die neue Weltordnung“ heißt es:
Die Einführung Donald Trumps kündigt das Erscheinen einer neuen Weltordnung an. Der Westen ist schwächer als je zuvor und der aufsteigende amerikanische Nationalismus stellt eine ernste Bedrohung für Deutschlands Wirtschaft und die europäische Union dar.
Spiegel Online stellte fest, dass Herr Trump plant, Amerikas gesamte Nachkriegs-Außenpolitik gegenüber Europa umzukrempeln (Hervorhebungen durchweg von mir):
Mehr als 60 Jahre lang hatten die USA die europäische Einheit gefördert. Dieses Land führte den Marschall-Plan ein, es stützte den gemeinsamen europäischen Markt und sicherte die Ausdehnung Europas nach Osten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Aber jetzt kommt ein Mann ins Weiße Haus, der mit der Desintegration Europas rechnet.
Spiegel Online bedauerte Präsident Trumps flagrante Missachtung der Geschichte, des strategischen Denkens, der Beziehungen und Allianzen sowie Amerikas Rolle nach dem zweiten Weltkrieg, die die internationalen Beziehungen sieben Jahrzehnte lang bestimmt hat.
Der neue Präsident ist absolut nicht sentimental, wenn es um die Bündnisse geht, die aus den Trümmern des zweiten Weltkrieges entstanden. Wie kein anderer Präsident vor ihm ist er entschlossen, diese Bündnisse zu hinterfragen und offenbar auch, sie aufzukündigen. Außerdem kennt Trump keine Tabus. Im Gegenteil: Er liebt es, sie zu brechen, denn er liebt die Provokation.
Die Folge ist, dass Europa sich am Vorabend einer epochalen Wende befindet, wie es seit dem Mauerfall und dem Zusammenbruch des Ostblocks keine mehr gegeben hat. Ist das das Ende des Westens, so wie wir ihn kennen, wie der früherer deutsche Außenminister Joschka Fischer vor einem Monat warnte?
Der Spiegel Online-Artikel offenbarte auch, dass Deutschland, besonders die Kanzlerin Angela Merkel, sich von Präsident Trump und seiner Politik bedroht fühlen.
Für die deutsche Kanzlerin könnte die Lage kaum schlechter sein. Bald wird sich die EU gezwungen sehen, ohne das Vereinigte Königreich auszukommen – immerhin die zweitgrößte Volkswirtschaft des Blocks. Rechtsgerichtete Populisten sind in Europa im Vormarsch und jetzt hat auch noch Trump das Steuer der USA übernommen, ein Mann, der diese Woche in einem Interview sagte, dass die deutsche Kanzlerin „einen katastrophalen Fehler begangen“ habe. „Es wäre schwierig, eine Herausforderung noch konkreter zu formulieren, wie dies.
Kann Frau Merkels Europa noch zusammenhalten? Kann Frau Merkel bei den kommenden Konflikten über Handelsbestimmungen, internationale Vereinbarungen und um die liberale Rechts- und Wirtschaftsordnung, die den Vereinigten Staaten in den vergangenen sechs Jahrzehnten so wichtig waren, zu einer würdigen Gegnerin für Trump werden?
Das ist eine spektakuläre Feststellung. Die Webseite des einflussreichsten Nachrichtenmagazins Deutschlands bezeichnet Donald Trump als „Gegner“ von Angela Merkel und Deutschland. Sieht Deutschland sich schon im Krieg mit Donald Trump und Amerika? Denken Sie an die Auswirkungen, die solche Auffassungen haben könnten.
Was vor kurzem noch unvorstellbar war, scheint jetzt ausgemachte Sache zu sein: Es beginnt eine neue Ära, in der die jahrzehntelang gültigen Sicherheiten plötzlich nichts mehr wert sind. Sie sind plötzlich angreifbar geworden. Und das kommt im Wesentlichen daher, dass der 45. Präsident der Vereinigten Staaten einfach nicht mehr interessiert ist an der Weltordnung, die sich nach 1945 entwickelt hat. Er interessiert sich ebenso wenig für die transatlantische Partnerschaft wie für die so lange gepflegten Bündnisse mit den Westalliierten.
Es ist durchaus möglich, dass dieser Artikel ein verzerrtes Bild ergibt und dass Amerikas Präsident Deutschland nicht annähernd so feindlich gegenübersteht, wie hier behauptet wird. Aber die Wahrheit ist im Augenblick nicht maßgeblich; wichtig ist, wie sie wahrgenommen wird. Und in Deutschland wird tatsächlich wahrgenommen, dass Amerika im Begriff ist, zum Konkurrenten und Gegner zu werden. In Deutschland und Europa fühlt man sich zunehmend verunsichert und bedroht.
„Na und?“ könnte ein amerikanischer Patriot antworten, „die Amerikaner sollten sich weniger Gedanken darüber machen, was man in Deutschland und Europa denkt und sich mehr um amerikanische Interessen kümmern.“ Dieses Gefühl ist verständlich, aber so einfach können wir es uns nicht machen: Die Geschichte gibt Leuten, die so denken, eine klare Antwort: Wir sollten uns immer darum kümmern, wie Deutschland denkt und was es vorhat!
Spiegel Online kam bei seinem Drama zu der folgenden Schlussfolgerung:
Trump bedeutet das Ende der Welt, wie wir sie kennen – das scheint klar zu sein. Oder, wie der Economist vor kurzem schrieb: „Es könnte noch viel schlimmer kommen.“
Es ist leicht, das als Übertreibung zurückzuweisen, besonders wenn man nicht in Deutschland oder in Europa lebt. Aber das wäre ein Fehler. Deutschland und Europa beobachten Donald Trump und fühlen sich verunsichert, besorgt und bedroht. Sie glauben, dass die Welt Kopf stehen wird, wenn Herr Trump auch nur die Hälfte seiner Versprechen wahrmacht. Deutschland und Europa müssen sich bereits mit einem wiedererstarkten Russland, mit der EU-Krise, mit mehreren Finanzkrisen und der Flüchtlingskrise auseinandersetzen – unter anderem.
Und nun müssen sie sich offenbar auch noch um ein ihnen feindlich gesinntes Amerika Sorgen machen!
Europas dringendstes Problem ist seine Führungskrise. Die führenden Politiker Europas, einschließlich Frau Merkel, erweisen sich als vollkommen unfähig, diese Probleme zu lösen. Deutschland und Europa brauchen jemanden, der sich mit Präsident Trump versteht. Jemand, der die Beweggründe Trumps und seiner Mannschaft versteht. Jemand, der das Amerika des 21. Jahrhunderts und den populistischen, nationalistischen Geist versteht, der durch seine Adern fließt. Jemand, der in der Lage ist, Deutschland durch diese historische Wende zu steuern, die bereits im Gange ist. Im Idealfall jemand, der gute Beziehungen zu amerikanischen Vordenkern und führenden Politikern pflegt – vielleicht sogar zu Trumps Team. Jemand, der mutig – aber auch weise und pragmatisch genug ist, sich Präsident Trump entgegenzustellen.
Gibt es so jemanden? Vielleicht.
Karl-Theodor zu Guttenberg, über den wir schon seit mehr als sechs Jahren berichten, hat einen eindrucksvollen Lebenslauf, der mit der Zeit immer eindrucksvoller wirkt. Guttenberg, ehemaliger deutscher Verteidigungsminister, war früher in Deutschland der beliebteste Politiker. In der Vergangenheit glaubten viele, er würde Frau Merkel als Kanzler nachfolgen. Dieser Mann hat das politische Vermächtnis, die Ausbildung, den Charakter sowie den Geist, die diplomatische Erfahrung und die Verbindungen, um mit der Präsidentschaft Trumps zurechtzukommen. Guttenberg versteht die deutsche und europäische Politik und unterhält gute Beziehungen mit einigen der wichtigsten Persönlichkeiten in Deutschland, Europa und Russland.
Guttenbergs politische Karriere schien 2011 zu Ende zu sein, als herauskam, dass seine Doktorarbeit ein Plagiat war (ein Kavaliersdelikt, das in Deutschland nicht gerade selten vorkommt). Reumütig zog sich Gutenberg aus der Politik zurück und verbannte sich selbst nach Amerika. Er gründete in Connecticut eine Finanzberaterboutique und wurde internationaler Kommentator, der uns mit tiefgründigen, erfrischend aufrichtigen Analysen über ernstzunehmende Probleme der Welt versorgt. Guttenberg gehört zu der realistischen Schule internationaler Beziehungen. Er sieht die Welt und die menschliche Natur so, wie sie ist, und nicht so, wie die Utopisten es gerne hätten. Er versteht den Faktor Macht und den Kampf um die Macht. Vielleicht haben Sie ihn ja mal auf CNN, Fox, CBS gesehen oder Sie haben seine Artikel im Time-Magazin oder im Wall Street Journal gelesen.
Bedenken Sie seine Einstellung zu Wladimir Putin. Ganz anders als Trump sieht Guttenberg den russischen Präsidenten als unheilvoll, übel und gefährlich an. Er ist zweifellos durch Trumps Zuneigung zu Putin beunruhigt und hat sehr wahrscheinlich klare Vorstellungen davon, wie Deutschland und Europa mit einer potentiellen Annäherung der USA an Russland umgehen sollten. Diese Denkweise macht sich gut in seinem Lebenslauf.
Im Nachhinein scheint Guttenbergs Auszeit von der deutschen Politik eher ein Segen als ein Fluch für ihn gewesen zu sein. Er entkam dem Minenfeld der deutschen und europäischen Politik und konnte vier Jahre lang Wissen und Erfahrung sammeln, um Deutschland durch die Trump-Ära zu führen. Er pflegte auch gute Verbindungen und Beziehungen mit mächtigen und einflussreichen Persönlichkeiten in Amerika. Einer seiner Kollegen war Rex Tillerson, Amerikas neuer Außenminister; sie haben am Zentrum für Strategie und internationale Studien zusammengearbeitet. Guttenberg kennt auch den neuen Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten, James Mattis, persönlich. Guttenberg hatte in den letzten vier Jahren Gelegenheit, die amerikanische Politik und Kultur zu studieren. Er versteht nicht nur Washington; er hat auch Verständnis für Amerika.
Er hat einen einzigartigen und ziemlich unglaublichen Lebenslauf: K.T. zu Guttenberg kennt die historischen und strategischen Fundamente sowohl der amerikanischen als auch der europäischen Außenpolitik. Er weiß und versteht sich darauf, durch die deutsche, europäische und amerikanische Politik zu navigieren. Er hat Zugang zu den einflussreichsten Denkern in Deutschland, Europa und Amerika. Er spricht fehlerfrei Deutsch und Englisch. Und er besitzt die richtige Persönlichkeit und die nötige Führerschaft für die unsicheren, angespannten Zeiten, die vor uns liegen.
Wenn Deutschland wirklich anfängt, in Amerika einen „Gegner“ zu sehen, dann braucht es einen Anführer, der den Feind versteht. Wer könnte das besser als der ehemalige Verteidigungsminister, der die letzten vier Jahre „im Feindesland“ gelebt hat?
Ist Karl-Theodor zu Guttenberg nicht einmalig gut darauf vorbereitet, Deutschland durch die Trump-Ära zu führen?
Schlussendlich scheint Guttenberg ein „Händchen“ für Donald Trump zu haben. Er hat die Trump-Reden und seine öffentlichen Auftritte monatelang analysiert und hat es nicht an Kritik fehlen lassen. Aber es ist kein stürmischer Rufmord. Guttenberg versteht Trumps Weltanschauung; er kennt seine Absichten und welche Auswirkungen sie auf Deutschland und Europa haben werden. Er hat auch klare Vorstellungen davon, wie Deutschland und Europa reagieren müssen. In einem Artikel erklärte er neulich, dass Berlin als Antwort auf die Präsidentschaft Trumps endlich aufhören solle, in der Außenpolitik eine „abwartende, passive“ Haltung einzunehmen. Man müsse eine „Kultur der Eigenverantwortlichkeit“ entwickeln. Er sagte auch, dass Berlin eine Sprache sprechen müsse, „die Trump versteht“ – eine klare und konstruktive Sprache, die, wenn nötig, auch hart sein muss.”
So eine Rhetorik wird vielen Deutschen und Europäern wie Musik in den Ohren klingen.
Wenn man all das berücksichtigt, kann es nicht überraschen, dass in Deutschland im Augenblick schon Gerüchte von einem unmittelbar bevorstehenden Comeback Guttenbergs umgehen. Anfang dieser Woche aß er zwei Stunden lang zu Mittag mit Andreas Scheuer, einem der führenden Politiker der Christlich-Sozialen Union (CSU), Guttenbergs Partei. In den vergangenen Monaten wurde er wiederholt in Berlin und München gesehen. Die deutschen Medien sagen bereits seit fast zwei Jahren ein Comeback Guttenbergs voraus. Seine Kollegen von der CSU und sogar einige Mitglieder anderer Parteien flehen ihn an, doch in die deutsche Politik zurückzukehren.
Karl Theodors Reaktion auf all diese Spekulationen und Vorwegnahmen ist genial. Für gewöhnlich lächelt er, macht eine sich selbst herabwürdigende Bemerkung und sagt, das würde nicht passieren. „Das ist so unwahrscheinlich als würde ich in meinem Keller Giraffen zu züchten“ sagte er in einem Interview. So eine bescheidene Antwort hat zur Folge, dass sich seine Anhänger seine Rückkehr nur noch mehr wünschen.
Meiner Ansicht wartet Guttenberg einfach nur auf den richtigen Moment. Er will genau dann auf der Bühne erscheinen, wenn man sich in Deutschland und Europa große Sorgen macht und Ängste aussteht, die fast unerträglich werden. Guttenberg weiß: Wenn er auf dem Höhepunkt einer massiven Krise in Deutschland auftaucht, mit seinem beeindruckenden Lebenslauf – der in diesem Moment fast perfekt ist – dann wird seine Vergangenheit in Vergessenheit geraten und Deutschland (und Europa) wird ihm zu Füßen liegen. Es könnte natürlich auch das Gegenteil passieren.
Was auch immer passieren wird, dieser Mann scheint einzigartig gut vorbereitet zu sein, Deutschland und Europa durch diese stürmische Donald Trump-Ära zu führen. Wir haben es bereits früher gesagt – wir begannen schon vor sechs Jahren das zu sagen – doch lassen Sie es mich erneut betonen: Beobachten Sie zu Guttenberg aufmerksam!
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